Von der Nobelpreisträgerin gelernt
"Sie hat es absolut verdient": Professor Rainer Hegselmann, Inhaber des Lehrstuhls Philosophie I an der Universität Bayreuth, zeigte sich erfreut darüber, dass der Nobelpreis für Wirtschaft in diesem Jahr an Elinor Ostrom geht. Die US- Wissenschaftlerin, die im Juni als Gastprofessorin an der Universität Bayreuth beschäftigt war, hatte im Rahmen der Wittgenstein-Vorlesungen eine Vortragsreihe unter dem Titel "Collective Action and the Commons: What have we learned?" gehalten. In einem Schreiben gratulierte ihr auch der Präsident der Universität Bayreuth, Professor Dr. Rüdiger Bormann.
Dass Elinor Ostrom für ihre wissenschaftliche Arbeit zur Frage, wie man gemeinsame Ressourcen vernünftig und nachhaltig bewirtschaftet, den Nobelpreis bekommen würde, hatte Hegselmann eigentlich schon ein Jahr früher erwartet. So sicher war er davon ausgegangen, dass er die Wissenschaftlerin, die er einst in einer Arbeitsgruppe kennengelernt hatte, zu einer Wittgenstein-Vorlesung nach Bayreuth einlud.
Der Nobelpreis ließ zwar noch ein wenig auf sich warten - der Auftritt von Elinor Ostrom in Bayreuth hinterließ nicht nur bei Hegselmann gleichwohl einen starken Eindruck. Für ihn die faszinierendsten Ansätze in Ostroms Forschungserkenntnissen: Weder der Markt noch die Kollektivierung sind Garanten dafür, dass mit kollektiven Ressourcen sinnvoll umgegangen wird. "Es ist manchmal der Markt, der hilft. Manchmal die Kollektivierung und manchmal eben eine lokale Lösung", sagt Hegselmann. Patentrezepte funktionieren nicht - die Vorort-Bedingungen bestimmen, welche Lösung die richtige ist.
Überrascht hat den Bayreuther Philosophie-Professor, der dem Lehrkörper des Studiengangs Philosophy & Economics angehört, der Erfindungsreichtum, den Menschen entwickeln, wenn es um Kontrollinstanzen und Kontrollmechanismen bei der Nutzung von gemeinsamen Ressourcen geht. Auch diesen Aspekt hat Elinor Ostrom unter die Lupe genommen - aus gutem Grund: "Es kann gerade Rationalität sein, die dazu führt, dass gemeinsame Ressour-cen übernutzt und geschädigt werden", so Hegselmann. Wenn ein Einzelner die Grenzen vernünftiger Nutzung überschreitet, mag er einen Profit haben und der individuelle Schadensbeitrag klein sein. Die Summe vieler Einzelner allerdings richtet erheblichen Schaden an.
Seit 1987 findet alljährlich eine Wittgenstein-Vorlesung an der Universität Bayreuth statt. Unter den hochkarätigen Referenten waren neben der gerade gekürten Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom Professor Dr. Werner Güth vom Max-Planck-Institut in Jena, Professor Dr. Russell Hardin aus Stanford und der kritische Rationalist Hans Albert aus Heidelberg.